Der Kampf um den Markt – Zalando und Amason in der Offensive. Was heißt das für uns?

05. April 2016

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Photo credit: www.picsfab.com

Da es auf dem deutschen Modemarkt gerade viel Tummel gibt, dachten wir, wir sollten darüber berichten.

Vielleicht habt Ihr mitbekommen, dass in den letzten Tagen immer mehr Neuigkeiten von Global Players, die am deutschen Markt mitmischen, ans Licht kamen. Wir meinen, vor allem, Zalando und Amazon.

Zalando Vorhaben im Frühjahr 2016: Schneller, höher, stärker!

Erstmals kommen wir zu Zalando. Der größte deutsche Mode-Händler mit der soliden Online-Marketing-Kompetenz hat in März 2016 seine neue Strategie vorgestellt.

Auch wenn weiterhin der Fokus auf Online-Lieferungen deutschlandweit liegen soll, dreht sich Offline momentan viel um Berlin, wo sich der Hauptquartier von Zalando befindet.

Vor allem, soll die einstige B&B-Messe – Bread&Butter – wiederbelebt werden. Nachdem sie 2014 Insolvenz angemeldet hat und an Zalando verkauft wurde, soll sie nun als Publikumsmesse fungieren. Geplant sind Shows und weitere Unterhaltungsformate, sowie Stände von 45-50 ausgewählten Mode-Labels. Der Plan, Bread&Butter wiederzubeleben, wurde 2015 wegen der Flüchtlingskrise verschoben. Nun soll er, nach den neuesten Informationen, im Herbst 2016 verwirklicht werden (Links zum Nachlesen auf www.fabeau.de hier und auf www.textilwirtschaft.de hier).

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Bread&Butter Teaser. Photo credit: http://cdn7.feeldesain.com/

Zweitens, will sich der Shopping-Riese künftig noch mehr als eine Plattform für lokale Retailer positionieren, wovon er auch laut spricht (vielleicht, ist es eine Maßnahme zur Konkurrenz-Abschreckung und zur Verteidigung eigener Domäne?). Im ersten Schritt ist eine Reihe neuer Dienstleistungen für Berliner Lokalgeschäfte geplant, wie beispielsweise Unterstützung des 24/7 Verkaufs und Versands durch eigene Lager- und Transportkapazitäten von Zalando bzw. der beauftragten Drittanbieter.

Drittens, soll das Shopping-Erlebnis für Endkunden weiter verbessert werden. Dafür gab es in den letzten Jahren genug gute Beispiele im Hause Zalando: fangen wir an mit Streetstyles, die nun mitten im Produktkatalog von Zalando stehen und als Hilfsmittel für unentschlossene Kunden gelten.

Seit Dezember 2015 bietet der einstige Berliner Startup kostenlose persönliche Stilberatung im Rahmen seines letzten Projektes Zalon – “Dein persönlicher Stylist” an. Dadurch sollen Kundenerfahrungen noch um einiges verbessert werden.

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Ein Beispiel-Outfit im Rahmen der persönlichen Stilberatung bei Zalon. Screenshot von www.zalon.de Datum: 05. April 2016.

Ehrlich gesagt, ist es manchmal schwer, einen aktuellen Überblick von allen Zalando-Aktivitäten zu behalten. So schnell werden die Flop-Projekte dicht gemacht, um gleich neue zu starten.

Eine der neuesten Dienstleistungen von Zalando dürfte die kostenlose Rückabholung der Sendungen sein, die seit Januar 2016 in Köln und seit März 2016 in Berlin getestet wird. Damit könnte der Retourenaufwand für Kunden wegfallen. Allerdings, wie das Unternehmen selbst betont, ist dieser Service in der Testphase kostenlos. Das deutet auf mögliche Gebühren nach dem Ende des Pilotprojektes (hier der Artikellink von 24. März 2016 auf www.fashionunited.de).

Es scheint so, als ob sich Zalando-Management nicht von den neuen Investitionen zurückschreckt, wovon in erster Linie die deutsche Haupstadt profitiert. Wer im Moment nach einem Mode-Job in Berlin sucht, könnte hier fündig werden;-)

Amazon Strategie für Marktdurchdringung in Deutschland und Innovationen in der Amazon Fashion Sparte

Und was sagt der Ezrivale Amazon dazu? So blind wird dessen CEO Jeff Besos wohl nicht sein. Die Amerikaner verstehen vermutlich gut, daß Zalando-Programm mehr als nur eine Verbesserung des Kundenservice ist. Es geht um Marktsignale und Marktführerschaft, und langfristig wird derjenige gewinnen, der die größte Marktmacht aufgebaut hat.

Dabei hat Amazon mit anderen Problemen zu kämpfen. Schon längst will das Untenrnehmen seine Modesparte wiederbeleben bzw. verstärken. Nichtdestotrotz, bleibt der Anteil an dem Gesamtumsatz bis heute verhältnismäßig niedrig. Um dies zu ändern, wurden in den letzten Monaten gleich mehrere Projekte mit Mode-Bezug gestartet: von der Ernennung neuer Markenbotschafterin mit der globalen Fan-Community, wie megaerfolgreiche Modebloggerin Chiara Ferragni, bis zum Einstieg in die eigene Produktion und Entwicklung von eigenen Lieferdrohen (die letzten zwei Projekte befinden sich noch in der Pilotphase).

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Bekannte Modebloggerin Chiara Ferragni in der Werbekampagne ihrer Schuhkollektion (2015). Photo credit: www.forbes.com

Im Unterschied zu Zalando, testet Amazon seine Innovationen gewöhnlicherweise in seinem Revier in der US-Stadt Seattle.

Wie schon oben erwähnt, hat der US-Händler im Februar 2016 sieben Eigenmarken ins Leben gerufen. Im Fokus stehen preiswerte Kleidungs- und Accessoires-Artikel im Bereich Damen-, Herren- und Kindermode. Das Ziel könnte sein: Verstärkung des Fashion Bereichs und Steigerung der Unternehmensprofitabilität.

Zuerst wurde das Projekt in der USA gestartet. Von dort kamen auch die ersten Nachrichten. Das Prickelnde daran: das Projekt wurde von Amazon nie offizell angekündigt, was schnell zu Spekulationen führte. Vielleicht wollte man nicht, die Geschäftspartner, zu denen viele kleine und mittelständische Unternehmen gehören, beunruhigen.

Wann diese Marken nach Europa kommen, ist noch unklar. Aber richtige Designer-Stücke kann man nicht erwarten. Die ersten Screenshots zeigen, dass die Stilrichtung mit der Zalando-Marke Kiomi ähnlich ist, also “Casual”.

Außerdem, am 26. März 2016 kam die Nachricht, dass Amazon, nach den USA, nun auch seinen Prime-Kunden* in Berlin eine Express-Lieferung anbieten will. Im einem Zeitungsartikel von 26. März 2016 war die Rede von Mai 2016 als Startdatum des Projektes. Wenn man die Amazon-Webseite anschaut, sieht es so aus, als ob dieser Service schon jetzt buchbar sei.

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Eine Übersicht der deutschen Metropolregionen, in welchen Prime-Gratis-Same-Day-Lieferung angeboten wird. Screenshot von www.amazon.com Datum: 05.04.2016.

Zur Auskunft: Der Status “Prime-Kunde” gibt die Möglichkeit, die Amazon-Bestellungen gratis per eine Prime-Lieferung zu bekommen (innerhalb eines Tages nach dem Tag der Bestellung). Außerdem sind darin folgende Services enthalten: unbegrenztes Streaming von Music und Video, der Zugang zu 500 Tausend E-Books, sowie der kostenlose Speicherplatz für Fotos im Amazon Web Cloud Drive. Die Mitgliedschaft in dem Amazon-Prime Club kostet jährlich 49 Euro.

Eine schnelle Kalkulation zeigt, dass solche Mitgliedschaft schon bei 5 Bestellungen pro Jahr sich lohnen würde. Vorausgesetzt, das Produktsortiment von Amazon ist für Euch grunsätzlich relevant. Singles könnten noch Zweifel bekommen, aber für die Familien wird es sich wohl schnell rentieren!

Soweit wir uns noch erinnern können, kostete es früher nicht weniger als 100 Euro. Es kann sein, dass die Kosten von “Amazon Prime” Service inzwischen gesenkt wurden. 

Last but not least: Amazon realisiert schon seit einigen Jahren das Abo-Modell für die Konsumgüter des alltäglichen Bedarfs, wie Reinigungs- und Pflegemittel u.ä. Auch wenn noch nicht so richtig verbreitet, zielt dieser Service mit Kostenvorteilen auf langfristige Kundenbindung und Familienkunden ab.

Das Konzept von “The Everything Store”, das dem Unternehmensmanagement in dem Buch mit dem gleichen Titel zugeschrieben wird (obwohl nie offiziell bestätigt), impliziert den angepeilten Ausbau der Marktstellung in denunterrepräsentierten Produktbereichen (darunter: Fashion) und Regionen der Welt.

Wie Zalando, wirbt nun Amazon bei den Endkunden und dem lokalen Handel mit eigenem Lager in der Stadtmitte von Berlin. Laut Medien, wird zurzeit an dem Aufbau eines großen Lagers am Kurfürstendamm gearbeitet (Quelle: hier).

Schlussfolgerungen zu den Unternehmensstrategien und zum möglichen Gewinner

Bei der Analyse die Mediennachrichten zum Thema Amazon und Zalando, wird man merken, dass es sich um den Tausch der Botschaften zwischen zwei rivalisierenden Key Playern handelt. Insbesondere im Frühjahr 2016 gab es mehrere “Breaking News”, die in den regelmäßigen Abständen veröffentlicht wurden. Mehr oder weniger sind sie sicherlich auch an den gesamten Markt gerichtet. Weitere Marktteilnehmer, zu denen kleinere Mode-Labels und lokale Retailer gehören, sollen den Aufruf kapieren: “Kommt zu uns!”.

In diesem Zusammenhang ist auch der Auftritt von Stefan Wenzel, Senior Direktor Ebay Fashion bei Ebay, auf Fashiontech Konferenz in Berlin im Januar 2016 kennzeichnend. Seine ganze Präsentation vor den Vertretern der mittelsändischen Händler und Modehersteller lief unter dem Motto: der Online-Handel ist nichts für Layer und eigener Marktauftritt kann viel zu teuer werden. Im Sinne: “Fly or Die!” oder “Arbeitet mit uns!”

Wenn man die angepeilten Innovationen von Zalando und Amazon bewertet, merkt man, dass sich die Strategien zweier Wettbewerber voneinander unterscheiden.

Zalando setzt auf Service, Produktsortiment, Zielgruppenentwicklung und bleibt seinem Hauptelement – Modehandel – weiterhin treu. Man findet hier die günstigen und oftmals die günstigsten Preise am Markt, aber keine Mengen- oder Kundenrabatte. Der Service von Zalando ist ein Mix aus der Content-Personalisierung, schneller Lieferung, User Experience (z.B. durch umfangreiche Filtermöglichkeiten und Outfit-Vorschläge) und persönlicher Stil-Beratung.

Demgegenüber sieht sich Amazon als Helfer für die ganze Familie und überzeugt durch die extreme Breite der Produktpalette und unterschiedliche Services für Shopping-Muffel – mal mit Abos für Babywindel, mal mit kostenlosen Video- und Musik-Angeboten. Zusätzliche Dienstleistungen für Endkunden sind unter einem Dach im “Amazon Prime” Service verpackt. Auch im Hause Amazon gibt es Wandel: wenn es in der Vergangenheit primär um technische Innovationen ging, sind im Moment gleich mehrere kundenorientierte Innovationen im Pipeline der Seattle-Handelstube.

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Zwei Tiger. Photo credit: www.animalworld.com.ua

Offenbar haben beide Unternehmen Probleme mit der Erschließung des Marktes als ganzen. Nischenmäßig – in einzelnen Produktkategorien, Brands oder Kundensegmenten – konnten sie zwar hervorragende Marktpositionen aufbauen. Bei Zalando sind es üblicherweise preissensible Kunden. Bei Amazon – Bücher- und Technik-Fans. Aber kann die Zielgruppe auf ganze Nation oder gar Weltbevölkerung ausgeweitet werden?

Es ist fraglich, ob so ein Globalisierungsansatz alleine mithilfe des tollen Webseiteninterface und Preisvorteile realisiert werden könnte. Jeder Mensch, jeder Kunde tickt doch unterschiedlich, insbesondere was Mode und Accessoires angeht (geschweige denn steigende Anforderungen an Logistik und Handelsinfrastruktur).

Es gab mal einen interessanter Artikel, wo man das Interface von Amazon-Webseite aus Sicht eines Nutzers analysiert hat. Tatsächlich wird jede Produktanzeige gleich auf drei Kundentypen optimiert: für preisbewusste gibt es ein Preiskennzeichen, für visuelle – ein aussagekräftiges Produktbild und für technikbewusste – kurze technische Informationen (unter dem Titelbild). Wie es am Ende aussieht, wissen viele Frauen, die mal bei Amazon durchstöbert haben..

Das Produktpräsentation von Amazon mag gut für technische Gadgets und Bücher funktionieren. Aber man merkt schnell, wie unschön das gesamte Ergebnis wird, wenn man versucht, die Mode zu verkaufen.

Und noch eine Frage: wird nicht irgendwann der kritische Punkt erreicht, nach dem die Unternehmensgröße und weitere massive Investitionen eher schädlich, als vorteilhaft für die Unternehmensprofitabiilität, für die Kunden und Gesellschaft sind?

In diesem Zusammenhang möchten wir auf einen aktuellen Artikel auf www.spiegel.de verweisen (auch wenn wir der anderen Meinung sind). Auf die Frage: “Amazon oder Zalando?” kommt dessen Autor Alexander Demling zum Schluss: Amazon. Als Hauptgrund nennt er die Größenvorteile des US-Händlers und bessere Auslastung seiner Transportkapazitäten dank der breiten Produktpalette und des riesigen Umsatzvolumens. Die letzte Aussage beruht auch auf der These der komplimentären Verkäufe (Cross-Selling), wobei man zum Wein ein Kleid bestellt, und umgekehrt.

Als Fluch von Zalando werden auch mangelnde Expansionsmöglichkeiten im Kernmarkt Deutschland und Europa, sowie in den Schwellenländern erwähnt. Der Grund: die lokalen Märkte sind schon von anderen Zalando-Clons aus dem Hause Rocket Internet dominiert.

Unser Hauptargument, das wir gern mit Herrn Demling diskutieren würden, wäre folgendes: Zalando hat in den letzten Jahren eine solide Kompetenz im komplexen Modemarkt aufgebaut. Diese Tatsache wird in seinem Artikel nur nebenbei erwähnt. Von den Zalando-Insidern wissen wir, dass es dort eine richtige Denkfabrik (Strategy Development) gibt, deren Mitarbeiter sich kontinuierlich mit den Anpassungen der Markstrategie befassen.

Im Vergleich dazu steckt Amazon noch in Kinderschuhen und es wird Jahre und viel Geld brauchen (wie die anderen auch), um diese Kompetenz nachzuholen. Zurzeit sehen seine Unternehmungen noch zu grob, sporadisch und abseits der Hauptgeschehnisse in der Modewelt.

Wenn wir eine Überlebensgefahr für Zalando sehen würden, dann eher seitens führender Mode-Händler, wie Yoox und Net-a-Porter – wenn die einmal ins Massengeschäft einsteigen würden, und natürlich ASOS.

Auch wollen wir Cross-Selling in Frage stellen. Viele Webseitenbetreiber haben in den letzten Jahren versucht so was implementieren, aber nachhaltig war es selten. “Mode ist ein emotionales Geschäft” – ein passendes Zitat des Zalando-Vorstandmitglieds Rubin Ritter, das in dem obigen Spiegel-Artikel zu finden ist.

Im Prinzip, muss Zalando nun schnell eine Express-Lieferung implementieren. Nicht die Express-Lieferung “am nächsten Tag”, wie es Berliner gern sehen würden, sondern wirklich “The Same Day Delivery”. Solche Option wurde noch im letzten Herbst deutschlandweit getestet.

Damit könnte der erste Angriff aus dem Übersee pariert werden.

Kurzes Fazit: In den folgenden Monaten kommen viele neue Innovationen auf uns. Höchstwahrscheinlich wird dadurch auch das Kundenerlebnis Online nachhaltig steigen. Die Fans von Shopping in der Stadt könnten von den neuen Projekten profitieren, wie z.B. die Möglichkeit die Waren aus dem Lieblingsladen auch nach dem Ladenschluss zu bestellen.

Dennoch bleibt wie vor 15 Jahren die Frage offen: Kann Online-Shopping den lokalen Handel komplett ersetzen? 

Was denkt ihr über die Pläne von Amazon und Zalando? Kauft ihr mehr Online oder Offline?

Als Nachtisch gibt es heute ein süßer Werbespot von Amazon:

Wir wünschen Euch noch einen erholsamen Abend!

Tamara für

Fashionscout365

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